Eines muss ich zugeben, wir haben einen gebildeten, geradezu intellektuellen Papst. Und mutig ist er noch obendrein. Papst, schon wieder Papst? Hatten wir das nicht schon einmal an dieser Stelle? Um keinen falschen Verdacht aufkommen zu lassen: Religiös bin ich nicht und auch sonst nicht krank.
Was sagte er doch neulich (oder war es unlängst?) „Der Islam heute steht da, wo das Christentum vor der Aufklärung stand.“
Oh je, dachte ich gleich. Das gibt doch sicher wieder Djihad, was auch sonst?
Die Aufklärung? Wie sagte Immanuel Kant? Sie sei der „Ausgang der Menschheit aus unverschuldeter Unmündigkeit“ – na ja, offenbar noch nicht für die gesamte Menschheit. Für mich ist sie die Wurzel des modernen Europa. Was sonst unterscheidet Europa – positiv – vom Rest der Menschheit? Während anderswo Philosophie und Religion nicht auseinander gehalten werden können oder vom „gerechten König“ (kann es einen größeren Widerspruch geben?) gefaselt wird, haben hier schon vor mehr als 300 Jahren Mutige die Trennung von Staat und Kirche, die bürgerlichen Freiheitsrechte und überhaupt erst Gedankenfreiheit gefordert. Auch sie waren permanent von einer Art Fatwa bedroht. Das war eine wahrhaft antiautoritäre Zeit. Statt an Autoritäten zu glauben wollte man sich nach einem Satz von Kant „seines eigenen Verstandes zu bedienen“. Was für eine aufregende Zeit. Unser heutiges Grundgesetz ist letztlich die Spätfolge der Unbotmäßigkeit und Aufmüpfigkeit jener Zeit.
Klar, das gibt es im Islam nicht. Das gibt es aber auch im Christentum nicht – jedenfalls weder freiwillig noch vollständig. Immer wieder versuchen restaurative Kräfte an dem von unseren revolutionären Vorvätern – durchaus mit ihrem Blute – erkämpften Freiheiten zu rütteln, sich mehr oder weniger heimlich in Alltag, Verwaltung, Staat einzuschmuggeln. Ob eine Ursula Gertrud von der Leyen, von Amtes wegen Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (was für eine seltsame Sammlung!) nun das Beten im Kindergarten fordert. Ob ein Vizepräsident des Deutschen Bundestages Norbert Lammert den Gottesbezug in der Europäischen Verfassung fordert. Oder das sonst so schöne Deutsche Grundgesetz leider keinen säkularen Staat definiert, sondern eine krude Mischung aus Meinungsfreiheit bei Bevorzugung der Christlichen Botschaft – immer sind die bösen Gegenkräfte am Werke.
Ironie, dass nun ausgerechnet ein Vertreter jener Seite, die immer damit gehadert hatte, dass man sie in den Privatbereich verbannen wollte, den aufmüpfigen Freiheitsdrang adelt. Nur merkt das sich in Sicherheit wiegende Fußball-Fernseh-Autofahrer-Volk vermutlich noch lange nichts. Und die intellektuelle „Elite“ entpuppt sich auch eher als Karrieristenverein.
Schlaft ruhig weiter. Vielleicht muss Euch wirklich erst ein Djihad wecken!
Horst-Walther
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